Wildnis ohne Zahnbürste?
Wir hatten heuer im September das Vergnügen einen Basiskurs – Leben in Natur und Wildnis 1 zu halten. Im Zuge der Vorbereitungen ging es bei mir persönlich ein bisschen drunter und drüber was dazu führte, dass ich in der Hitze des Abfahrts-Gefechts ein paar Dinge zu Hause vergaß.
Zu den vergessenen Dingen gehörte bedauerlicherweise auch meine Zahnbürste. Dieses besondere Ding ist nun eines, von dem mir bis zu jenem Zeitpunkt nicht bewusst klar war in welchem Ausmaß ich davon abhängig bin. Als wir nun die erste Nacht im Camp verbringen sollten begann ich mit dem Gedanken zu spielen vorher doch einfach “noch kurz” in die nächstgelegene Ortschaft zu fahren um mir eine Zahnbürste zu besorgen. Ich bin richtig nervös geworden wenn ich daran dachte nun eine Woche lang meine Zähne nicht putzen zu können. Da aber sonst keinerlei weitere Besorgungen notwendig waren, fand ich es des Aufwandes doch zu groß das Diesel-Pferd extra für eine kleine Zahnbürste ein paar Kilometer weit zu bemühen.
Da musste ich an ein ehemaliges Geschenk meiner Mutter denken, eine Naturzahnbürste, Miswak, ein Stück des Zahnbürstenbaumes (Salvadora persica)… dieser war fein säuberlich in Plastik verpackt in einem Asiatischen Supermarkt zu erstehen gewesen.
Nun, ich war schließlich am Wildniscamp und wollte üben mit den Dingen die uns die Natur hier zur Verfügung stellt zu leben. Es musste doch auch bei uns Bäume oder Sträucher geben, die sich als Zahnbürste eignen! So begann mein kleines Wildnisexperiment Zahnbürste.
Das wichtigste war zuallererst KEINE GIFTIGE Pflanze zu verwenden. Weitere Ansprüche an meine Zahnbürste waren dann gute Fasern zum putzen, ein sauberes Mundgefühl, und ein angenehmer Geschmack.
Nach den ersten zwei Testtagen/-nächten hatte ich einen klaren Favoriten…die Weide. Ich schnitt mir dankbar einen kleinen Zweig ab und kaute das Ende zur Putzbürste. Das Mundgefühl war angenehm frisch und sauber, ich mag den Geschmack persönlich gerne, und das Sauberkeitsgefühl im Mund hielt gut an.
Unterschiedliche Weiden-Arten (Gattung Salix) gibt es in unseren Breitengraden häufig. Die Weiden sind getrenntgeschlechtliche Laubhölzer, die oft in der Nähe von Wasser anzutreffen sind. Getrenntgeschlechtlich bedeutet männliche und weibliche Blüten befinden sich an unterschiedlichen Pflanzen. Die verschiedenen Arten haben ähnliche Inhaltsstoffe, welche unter anderem auch der Mundpflege förderlich sein können. Gerbstoffe sorgen dafür, dass Eiweiße miteinander vernetzt werden. Es entstehen also aus den Speiseresten kleine “Lederfleckerln” die sich dann gut wegputzen lassen. Weiden enthalten auch Entzündungshemmende und Antimikrobiell wirksame Bestandteile.
Bei Verwendung der Weide ist in manchen Fällen auch Vorsicht geboten. Weitläufig ist die Verwendung von Weidenrindentee bekannt dessen Wirkung dem Aspirin ähnelt. Bei Allergie gegen Aspirin (Acetyl-Salicyl-Säure) und in der Schwangerschaft wird von der Benutzung der Weidenrinde und -blätter als Tee abgeraten. Grundsätzlich ist bei allen Pflanzenanwendungen ein altbekanntes Sprichwort zu beherzigen: “Die Dosis macht das Gift” – jede Substanz kann oberhalb bestimmter Mengen als Gift wirken und unserem Körper schädlich sein.
Vielleicht habt ihr ja Lust aufs Experimentieren bekommen und findet euren eigenen Favoriten. Viel Spaß beim Ausprobieren!